Highlights der Vereinsgeschichte Freunde der Kunsthalle (2)

Henri Nannen und Jann Berghaus, Gründungsvorsitzender, vor dem Ankauf Abstraktes Bild, 1988, von Gerhard Richter

Highlights der Vereinsgeschichte Freunde der Kunsthalle (2)

Über die Jahre hinweg hat der Verein der Freunde der Kunsthalle viele gemeinsame Erinnerungen gesammelt: Von Ausstellungseröffnungen über Künstlergespräche und Reisen bis hin zu den großen Umbaumaßnahmen am Haus, die Freunde sind von Beginn an mit Leidenschaft dabei. In dem Katalog zur Ausstellung "Kunst braucht Freunde" (9.10.2021-30.1.2022) zeichnet Nora Stölten die Geschichte des Vereins nach, die wir in vier Abschnitten veröffentlichen.

Teil 2: 1990-2000

Neue Herausforderungen und neue Wege

Nach den Anfängen in den 1980er Jahren, den ersten zaghaften Schritten, kamen die Vereinstätigkeiten in den 1990er Jahren langsam in Fahrt. Erste große Erfolge konnten verzeichnet werden: Im August 1993 feierte die Ludolf Backhuysen Gesellschaft bereits ihr zehnjähriges Bestehen. Für diesen besonderen Tag wurde ein großes Straßenfest organisiert. Das abwechslungsreiche Programm bot Groß und Klein die Möglichkeit, sich kreativ zu betätigen. Zu diesem Anlass erhielt die Kunsthalle als Geschenk das Gemälde Herbstlaub des Malers Max Uhlig. Doch auch die Freunde der Kunsthalle leisteten als Verein ihren Beitrag: Nur einige Wochen später schenkten sie Henri Nannen zum 80. Geburtstag insgesamt fünf Werke des Künstlers K. H. Hödicke und lieferten damit eine wichtige Ergänzung für den sich neu herausbildenden Sammlungsschwerpunkt der Neuen Wilden.

Henri Nannen stirbt

Am 3. Oktober 1996 lud die Kunsthalle ihrerseits zum zehnjährigen Bestandsjubiläum ein. Aus diesem Anlass wurde zum ersten Mal der »Tag der offenen Tür« veranstaltet. Obwohl die große Festivität viel Zuspruch fand, war die Stimmung bereits von dem Gesundheitszustand des Stifters getrübt. Keine zwei Wochen später starb Henri Nannen und hinterließ eine große Leere am Haus. Mit ihm – dem Ideengeber hinter der Gründung beider Vereine – verlor nicht nur das Museum eine treibende Kraft, auch die Stadt Emden musste Abschied nehmen von einem ihrer bedeutendsten Söhne:

"Henri Nannen wußte, daß der Egoismus, so er frei heraus bekannt wird, in unserer Gesellschaft glaubwürdiger ist als das Bekenntnis zur guten Tat. Aber auch dieser Egoismus war nichts anderes als das Geben, das die Liebe ausmacht. Er gab mit vollen Händen, er gab seiner Heimatstadt Emden eine Kunsthalle, die es dort ohne ihn nie gegeben hätte." (Gerd Schulte-Hillen, Vorstandsvorsitzender des Verlags Gruner + Jahr (1981–2000) in seiner Ansprache zur Trauerfeier Henri Nannens in der St. Michaelis Kirche in Hamburg am 4. November 1996)

Nach dem Tod Henri Nannens begann im Museum eine neue Ära unter der Führung Eske Nannens. Ambitioniert und voller Tatendrang stellte sie sich in die Tradition der sogenannten Bettelbriefe und half dem Museum immer wieder aufs Neue durch schwierige Zeiten hindurch. Dank ihres enormen Einsatzes für die Kunsthalle konnte nicht nur der schmerzliche Verlust ihres Mannes überwunden, sondern auch der erste Erweiterungsbau erfolgreich eröffnet werden. Diesem ging die umfangreiche Schenkung Otto van de Loos im Jahr 1997 voran.

Das hochkarätige Konvolut beinhaltete rund 200 Werke von Künstlern des Informel, der Gruppen CoBrA und Spur sowie herausragende Einzelpositionen aus den expressiv-figurativen Strömungen des 20. Jahrhunderts und stellte damit eine kongeniale Erweiterung zu den frühen Sammlungsbeständen dar:

»Was schließlich bleibt einem zu sagen, der sich im Spektrum einer für ihn stets ungebrochenen Moderne sieht und dies bekennend, sich in der Endphase seines Lebens mit Bildern einer überaus glücklichen Konstellation gegenübersieht, die ihm die Einbringung seiner Sammlung in ein Haus ermöglicht, das vom Geist und der Leidenschaft seines Gründers durchdrungen ist, in seinem Bestand der Moderne verpflichtet und durch lebendige Ausstellungstätigkeit neuen Definitionen ein Forum sein will.« (Otto van de Loo in seiner Ansprache zur Übergabe seiner Schenkung am 2. Oktober 2000).

Parallel zu diesen Ereignissen geschahen auch im Verein grundlegende Umstrukturierungen: Nach dem Tod des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Jann Berghaus übernahm Ruthtraut Steinbrecher den Vorsitz, die ein neues starkes Fundament für den Förderverein schuf. Sie hatte zwei Jahre zuvor den Platz ihres Mannes – Jürgen Steinbrecher – im Vorstand übernommen und sich seitdem mit großer Intensität und viel Herzblut in den Verein eingebracht:

»Seit Beginn meiner Zeit als Vorsitzende war es mir sehr wichtig, die Freunde populär zu machen. Ich wollte die Mitgliederzahl und die Schlagkraft der Freunde erhöhen und neue, offensivere Wege gehen. […] Als neues Zugpferd zur Mitgliederwerbung habe ich das Spätsommertreffen der Freunde eingeführt. […] Auch das Grünkohlessen im Klub zum guten Endzweck war meine Idee und wurde gut angenommen. Wir hatten bei beiden Veranstaltungen großen Zulauf.« (Ruthtraut Steinbrecher, Vorstandsvorsitzende 1997–2008, in ihrer Biografie Gelebt Geliebt Gelitten).

Durch Konzepte wie diese stieg die Zahl der Mitglieder in den 1990er Jahren sukzessive an. Bereits hier zeigte sich, wie wichtig die Rolle der Vorstandsvorsitzenden sowie der Vereinsmitglieder als Multiplikatoren war, um die Kunsthalle über die Grenzen von Emden hinweg in ganz Ostfriesland und Deutschland zu mehr Bekanntheit zu führen.

Wichtige Ankäufe

Doch auch die satzungsgemäßen Aufgaben wurden während der intensiven Mitgliederwerbung nicht aus den Augen verloren. Einige der bedeutsamsten Ankäufe des Vereins wurden in dieser Zeit getätigt. Neben Werken von Otto Dix, Gunter Damisch, K. H. Hödicke und Bernd Zimmer stach besonders ein ganz bestimmtes Gemälde hervor: Mit dem Ankauf Abstraktes Bild von Gerhard Richter, eines der frühen großformatigen Rakelwerke, holte der Verein der Freunde der Kunsthalle eines der wohl bedeutsamsten Werke ins Haus. Nach einem Atelierbesuch einigte man sich in persönlicher Absprache mit dem Künstler auf einen Ratenkauf. Heute, da Richter einer der meistgefragten Künstler ist und seine Werke zu Millionenpreisen gehandelt werden, hat sich der einstige Kaufpreis des Bildes um ein Vielfaches erhöht. Für den Verein hat dieser Ankauf jedoch vor allem einen ideellen Wert.

Die Publikation "Kunst braucht Freunde" mit der ausführlichen Chronik, Dokumenten, Interviews und einer Übersicht aller Schenkungen der Freunde an die Kunsthalle ist an der Museumskasse (14,90 €) und im Online-Shop erhältlich. Gäste, die noch während der Laufzeit der aktuellen Ausstellung (9.10.2021-30.1.2022) Mitglied werden, erhalten das Buch als Begrüßungsgeschenk.

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