Zwar beziehst du dich im ständigen Rückgriff auf die Kunstgeschichte – theoretisch und motivisch –, arbeitest allerdings mit diesen für die traditionelle Kunstgeschichte eher ungewöhnliche Materialien, nämlich Silikon und Lack als Kontrast zur Ölfarbe, wie du ja vorhin gut erklärt hast. Dann gibt es Serien, welche die Malerei sogar im Kern zu negieren scheinen, indem sie entweder monochrom weiß oder monochrom schwarz gestaltet sind. Machen diese Momente die Bilder zu »typischen« Drühl-Gemälden?
Das ist nicht ganz einfach zu erklären, denn ich mache vielleicht so eine Art Antimalerei mit malerischen Mitteln. Bei mir sind alle Techniken – sei es in den reinen Lackbildern oder in den Öl-Lack-Silikon-Bildern, egal ob bunt oder monochrom – immer eine Art Verweigerung der klassischen Malerei, bei der man ja in einer Malweise verhaftet bleibt und die Motive aus der Farbe heraus entwickelt. Ich habe mir immer Techniken ausgedacht, die eben genau nicht klassisch malerisch sind. Bei den Lackgemälden gibt es mehrere Ebenen, einzelne Layer, die erst zusammen das Motiv ausbilden, vergleichbar mit der Technik des Steindrucks. Bei den Öl-Lack-Silikon-Arbeiten unterteile ich das Motiv in kleine voneinander separierte Einzelsegmente und somit malerische Einzelprobleme. Im Kern ist das tatsächlich, wie Du sagst, eine Negation von Malerei, allerdings bei gleichzeitig maximalem malerischen Impetus. Das ist jetzt irgendwie ein unauflösbarer Widerspruch. Mathematiker finden so etwas sehr unschön. Aber vielleicht wird dadurch alles in meinen ganz persönlichen Stil gezogen, der ja auch sehr deutlich als künstlerische Handschrift wiederzuerkennen ist.
Unabhängig von der Materialität zeichnet sich deine Malerei oft durch eine starke Flächigkeit aus. In deinem neuesten Werkkomplex überträgst du die Malerei sozusagen in den Raum und schaffst plastische monochrom-schwarze Bergmassive. Kannst du abschließend etwas zu deinen Überlegungen dazu sagen? Wie kamen diese Arbeiten zustande?
Als Maler hat man ja immer das Problem, dass man nur die Wände bespielt. Das ist nach 20 Jahren doch ein wenig nervig, denn manche Räumlichkeiten brauchen auch etwas Dreidimensionales für eine stimmige Ausstellungssituation. Wenn man zum Beispiel fünf oder sechs Räume in einer Soloschau bespielt, kann es sein, dass man als Maler selbst etwas ernüchtert ist, immer nur an die Wände gehen zu können. Ich wollte eben unterschiedliche Stimmungen und Raumsituationen schaffen. Das hat im Falle der Neons, wo plötzlich ein ganzer Raum in blaues oder grünes Licht getaucht ist, auch schon gut funktioniert. Aber ich wollte zusätzlich schon lange skulptural arbeiten. Nur wusste ich nie so recht, wie ich meinen Ansatz stimmig übertragen kann. Die Werke der DARKER-Serie sind nun genau das, was mir schon lange vorschwebte. Quasi eine Übersetzung oder Verlängerung der Malerei in den Raum hinein. Die schwarzen Bergreliefs sind ja ähnlich wie die schwarzen monochromen Gemälde der Undeadund Black-Serie stark vom Lichteinfall abhängig. Der Duktus und die verschiedenen Arten von Schwarz werden auch hier erst durch die Lichtsetzung erkennbar. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Bergskulpturen sehr detailreich und präzise sind, genau wie meine Lackgemälde. Das sollte handwerklich die gleiche Qualität haben, damit es stilistisch aus einem Guss ist. Gleichzeitig sollten die Skulpturen nicht zu massiv und schwer wirken, daher die sehr leichten, offenen Gestelle, die Teil des Kunstwerks sind. Es sind explizit keine Podeste, sondern sie sind fester Bestandteil der Skulpturen.
(Auszug (Teil 3/3) aus einem Beitrag in dem Ausstellungskatalog „Sven Drühl. Apokryphe Landschaften“, hrsg. von Lisa Felicitas Mattheis, Carola Schneider, mit Texten von Katharina Henkel, Lisa Felicitas Mattheis, Carola Schneider, Gestaltung von Claudia Bachmann. Deutsch, Englisch, 2020. 176 Seiten, 80 Abb., gebunden, 21,00 x 28,00 cm, ISBN 978-3-7757-4634-2. Hatje Cantz Verlag, Berlin, Preis an der Museumskasse 29,90 €.)
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