BIOGRAPHIEN EMIL NOLDE & CHRISTIAN ROHLFS

 

EMIL NOLDE

1867 Nolde – 1956 Seebüll

Der am 7. August 1867 im nordfriesischen Dorf Nolde im deutsch-dänischen Grenzgebiet geborene Emil Hansen überwindet einige Hindernisse, um seine Berufung, Künstler zu werden, zu erfüllen. Gegen den väterlichen Willen absolviert er von 1884 bis 1888 eine Lehre an der Sauermannschen Möbelfabrik und Schnitzschule in Flensburg. Bis er von 1892 bis 1897 eine Anstellung als Fachlehrer für Modellieren und gewerbliches Zeichnen am Industrie- und Gewerbemuseum St. Gallen innehat, kann Nolde sich als Schnitzer verdingen. 1894 verzeichnet er mit seinen Bergpostkarten auch finanziell einen großen Erfolg, der es ihm nach der Entlassung aus St. Gallen einige Zeit ermöglicht, seine künstlerische Laufbahn zu verfolgen. Er wird 1898 an der Münchner Akademie der Künste abgelehnt, ein Jahr darauf besucht er die private Académie Julien in Paris. Es folgen Aufenthalte in Dänemark, 1902 die Namensänderung nach seinem Geburtsort Nolde und die Vermählung mit der Dänin Ada Vilstrup.

Seit 1903 verbringen die Noldes den Winter in Berlin, leben sonst an verschiedenen Orten in Nordfriesland. Ab 1906 ist er für ein Jahr Mitglied der Künstlergruppe Brücke, ab 1908 bei der Berliner Secession bis zum Austritt 1910 nach einem Zerwürfnis mit Max Liebermann. In den Jahren 1913 und 1914 nimmt das Ehepaar Nolde inoffiziell an der „Medizinisch-demographischen Deutsch-NeuguineaExpedition“ teil und reist über Moskau, Sibirien, Korea, Japan, China in das heutige Papua-Neuguinea. 1920 wird Nolde dänischer Staatsbürger. 1927 markiert den Beginn des Baus des selbstentworfenen Wohn- und Atelierhauses in Seebüll, das später testamentarisch als Sitz der Stiftung bestimmt wird. Ada und Emil Nolde sind begeistert von der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933. Im selben Jahr erlebt der sogenannte Expressionismusstreit, der sich an der Person Noldes im Besonderen ausmacht, einen Höhepunkt: Verteidiger wie Kritiker liefern sich einen erbitterten Schlagabtausch darüber, ob der Expressionismus als „deutsche“ Kunst für das neue Regime einstehen kann. Nolde tritt 1934 in die Nationalsozialistische Arbeitsgemeinschaft Nordschleswigs ein, als Däne kann er nicht Mitglied der NSDAP werden. Der zweite Band seiner Autobiografie erscheint unter dem Titel Jahre der Kämpfe, darin wird der Liebermann-Konflikt antisemitisch gedeutet.

1937 werden über 1000 Werke Noldes aus deutschen Museen beschlagnahmt. 33 seiner Gemälde sind in der im Juli desselben Jahres eröffneten Femeausstellung Entartete Kunst in München zu sehen. Nolde weigert sich aus der Preußischen Akademie der Künste auszutreten, er erreicht, dass Ende 1938 keine Werke mehr in der Propagandaausstellung Entartete Kunst zu sehen sind. Noch 1940 hat Nolde sein verkaufsstärkstes Jahr überhaupt, 1941 erfolgt ein Berufsverbot. Private Korrespondenzen mit seiner Frau im Jahr 1942 sowie zur Veröffentlichung gedachte Aphorismen des Jahres 1943 lassen erkennen, dass Noldes Antisemitismus sich radikalisiert. 1946 wird Nolde vom Entnazifizierungsausschuss Kiel entlastet, die Ablehnung seiner Kunst durch die Nationalsozialisten ist dabei von Bedeutung und wird als ablehnende Haltung des Künstlers selbst gegen das NS-Regime gelesen. Das Narrativ vom Opfer wird auch von Nolde in seinem vierten autobiografischen Band angelegt und ist für die Rezeption seines Werks wie seiner Person lange bestimmend. Am 13. April 1956 verstirbt Emil Nolde in Seebüll.

 

CHRISTIAN ROHLFS

1849 Leezen bei Groß Niendorf – 1938 Hagen

Für die künstlerische Entwicklung des am 22. Dezember 1849 in Leezen bei Groß Niendorf geborenen Christian Rohlfs ist ein Schicksalsschlag ausschlaggebend: Als Kind stürzt er von einem Apfelbaum und zieht sich eine rheumatische Knochenhautentzündung des rechten Beins zu. Während der zweijährigen Krankenzeit ermutigt ein Arzt den jungen Rohlfs, seinem zeichnerischen Talent nachzugehen. Er verhilft ihm zum Besuch des Realgymnasiums in Bad Segeberg und empfiehlt ihn 1870 nach Berlin, von wo aus Rohlfs nach Weimar an die Großherzogliche Kunstschule gelangt und im Wintersemester 1870 sein Studium aufnimmt. Jäh unterbrochen wird diese Phase der anerkennenden Unterstützung des talentierten jungen Mannes 1871 durch eine Verschlechterung und schließlich 1873 die Amputation seines Beins. 1874 nimmt er sein Studium wieder auf. Für die folgenden zehn Jahre lernt er bei verschiedenen Genre- und Historienmalern, die eine realistische Manier vertreten. Rohlfs’ frühe Studien stellen unmittelbare Anschauungen der Natur dar, die er stets weiterführt und die ihn für das Naturverständnis der Schule von Barbizon empfänglich machen. 1881 führt seine Kunstauffassung zum Bruch mit seinem Lehrer Alexandre Struys. Rohlfs malt ab 1884 vorrangig Landschaften, ab 1888 zeigt sich ein impressionistischer Einfluss, und Rohlfs sieht sich durch die Anschauung des Werks von Monet bestätigt.

Für seinen weiteren Lebensweg ist die im Jahr 1900 über Henry van de Velde zustande gekommene Bekanntschaft mit Karl Ernst Osthaus entscheidend. Rohlfs folgt Osthaus’ Einladung, nach Hagen an das von diesem neugegründete, vom Architekten van de Velde entworfene Folkwang-Museum zu kommen, dort ein Atelier zu beziehen und an der geplanten – aber letztlich nicht realisierten – Malschule zu unterrichten. Von 1901 bis zu seinem Tod ist Hagen eine Konstante in Rohlfs’ Leben. In den ersten Jahren dort erhält er durch die Sammlung und Ausstellungstätigkeit von Osthaus wichtige Impulse aus der sich neuformierenden europäischen Kunst. Sein Werk zeigt deutlich Einflüsse durch den Neoimpressionismus und die Malerei von Vincent van Gogh. 1904 lernt Rohlfs Edvard Munch in Weimar kennen, 1905 dann Emil Nolde in Soest. Im darauffolgenden Jahr findet die erste Einzelausstellung von Rohlfs im Folkwang-Museum statt. 1909 tritt er dem Deutschen Werkbund bei, 1911 der Neuen Sezession in Berlin, 1914 der Freien Sezession Berlin. Angesichts des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs ist Rohlfs zunächst für einige Monate außerstande künstlerisch tätig zu sein und widmet sich dann bis 1918 religiösen Motiven. Aufgrund des kriegsbedingten Materialmangels entstehen 1917 viele Holzschnitte und Aquarelle. Ab den 1920er Jahren entstehen vorrangig Arbeiten mit Wassertempera auf Papier, sie lösen allmählich auch im Format die Ölmalerei ab. Privat stellt das Jahr 1919 eine wesentliche Veränderung dar: Der bereits 70-jährige Rohlfs und Helene Vogt heiraten und verbringen wegen einer Lungenentzündung des Künstlers ab 1927 regelmäßig mehrere Monate im Jahr in Ascona am Lago Maggiore. 1930 wird, initiiert vom Osthaus-Bund, das Christian RohlfsMuseum in Hagen als erstes öffentliches Haus eingerichtet, das einem Künstler der Moderne gewidmet ist. 1933 entfällt im Zuge der Gleichschaltung der Name des Christian Rohlfs-Museums, das in der Zwischenzeit in das Städtische Museum übergegangen war. 1937 gilt Rohlfs der nationalsozialistischen Kulturpolitik als „entartet“, 412 seiner Arbeiten werden aus deutschen Museen entfernt, er erhält Ausstellungsverbot, und einige seiner Werke werden in der Femeschau Entartete Kunst gezeigt. Christian Rohlfs verstirbt am 8. Januar 1938 in seinem Hagener Atelier.

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