Die Malschule wurde 1983 - bereits drei Jahre vor Eröffnung der Kunsthalle - von Eske Nannen gegründet. Heute besuchen 220 Menschen im Alter von 2 bis 85 Jahren die Ateliers und Werkstätten, wie die Kurse hier heißen. Seit 2016 leitet Claudia Ohmert den Bereich Kunst aktiv, zu dem die Malschule gehört. Ein Gespräch über das Woher und das Wohin.
1983 wurde das weltweit erste Handy vorgestellt, die Grünen zogen erstmals in den Bundestag ein - und die Malschule nahm ihren Betrieb auf. 40 Jahre später ist sie eine der größten Jugendkunstschulen Niedersachsens. Was waren die Erfolgsfaktoren für diese großartigeEntwicklung?
Zuallererst möchte ich da unser Superteam erwähnen. Gemeinsam mit unseren freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stemmen wir viele große und kleine Projekte. Diese besondere Stärke des Teams zeigte sich beispielsweise auch in der Corona-Zeit, als wir von jetzt auf gleich neue Wege entwickeln, ins kalte Wasser springen und das Angebot ins Digitale überführen mussten. Hier ist das Team über sich selbst hinausgewachsen.
In den Werkstätten werden auch enge persönliche Kontakte geknüpft. Dieses Band sorgt dafür, dass unsere Teilnehmenden oftmals über viele Jahre die Malschule besuchen. Dieses Konzept wurde durch Katharina Schulz und Engelbert Sommer, ehemalige Leiterin und ehemaliger Leiter der Malschule, großartig vorbereitet.
Und natürlich ist Eske Nannen als Mutter der Malschule ein wichtiger Motor. Ihr ist es ein besonderes Anliegen, dass besondere Zielgruppen unsere Werkstätten besuchen und die Schwellen dafür möglichst niedrig sind. So haben wir es geschafft, viele Menschen in der Region und darüber hinaus von unserer Arbeit zu begeistern. Private und öffentliche Sponsoren ermöglichen durch ihre Unterstützung viele Projekte, die wir sonst auf diesem Niveau nicht realisieren könnten.
Heute gibt es, auch in Emden und Umgebung, eine Vielzahl von kreativen und künstlerischenAngeboten. Was macht gerade die Malschule so besonders?
Wir haben super Ateliers und Werkstätten. Und natürlich ein Museum, das wir jederzeit besuchen können, dank unserer Direktorin Lisa Mattheis nun auch mit einem Atelier und der Familiengalerie, einem eigenen Ausstellungsbereich für Familien. Unsere Dozentinnen und Dozenten sind oftmals selbst Künstler und können die praktischen und theoretischen Inhalte fundiert und aus der eigenen Praxis heraus vermitteln. Vielleicht ist auch die Bandbreite der Angebote besonders. Wir bieten neben Malerei und Grafik auch vertiefte Angebote in den Bereichen Siebdruck, Goldschmiede, Bildhauerei und Keramik an. Daneben auch Kombinationen, zum Beispiel zum Thema Yoga und Kunst.
Da wir mit sehr kleinen Gruppen von maximal 10 Personen arbeiten, können wir sehr individuell auf jeden Einzelnen eingehen. Es passiert sehr oft, dass jeder Teilnehmer an einem individuellen Projekt arbeitet und die Dozentin sich um jeden persönlich kümmert.
Zudem ist die Malschule auch ein besonderer sozialer Ort der Begegnung: hier arbeiten beispielsweise Kinder mit Migrationserfahrungen gemeinsam mit deutschen Kindern, schließen Freundschaften und nutzen die Kunst als Sprache.
Bei der Gründung der Malschule standen vor allem Kinder und Jugendliche im Fokus. Inzwischen nutzen auch viele Erwachsene bis ins hohe Alter die Angebote. Gibt es unterschiedliche Ansätze für die Arbeit mit den verschiedenen Altersgruppen?
Eigentlich nicht. Wir arbeiten mit allen Altersstufen aus der Kunst heraus. So versuchen wir, nicht vordergründig Techniken und Inhalte zu vermitteln, sondern einen künstlerischen Ansatz, bei dem es eher darum geht, neue Wege einzuschlagen und die künstlerische Praxis auf gesellschaftliche und individuelle Fragestellungen zu übertragen. Im weitesten Sinne geht es um Persönlichkeitsentwicklung.
In 40 Jahren gab es immer wieder Meilensteine. Welche Ereignisse oder Projekte ragen aus heutiger Sicht heraus?
Es gab so viele tolle Projekte, darunter großartige Theaterproduktionen - hier ist den meisten wohl das Weihnachtsmusical Lükko Leuchtturm in Erinnerung - und Ausstellungen in Berlin und Warschau. Dann waren da die großen und kleinen Malschulfeste, die Kinder und Erwachsene aus Emden und weit darüber hinaus erreicht haben und mittlerweile eine feste Institution geworden sind. Ganz persönliche Meilensteine sind für mich vor allem die interaktiven Projekte für Jung und Alt, die im Museum stattgefunden haben. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an die Projekte „Ortung“ oder „Magische Orte“. Diese und ähnliche Projekte haben das Museum neu geöffnet und Menschen eingeladen, das Museum mitzugestalten. Die heutige Familiengalerie folgt einem ähnlichen Ansatz. Zu den Meilensteinen zählt sicher auch der BKM-Preis Kulturelle Bildung, den wir für das Projekt „Auf Augenhöhe“ erhalten haben. Dabei haben wir gemeinsam mit Kindergartenkindern einen Ausstellungsraum aus Kindersicht kuratiert. Es war so wunderbar, zu sehen, wie Kinder diesen Raum gestalten! Aber auch die Reaktion der Besucherinnen und Besucher war besonders. Durch die Auswahl und Art der Präsentation wurden sie eingeladen mit Werken der Sammlung zu spielen – und taten das auch.
Die Malschule hat stets auch gesellschaftliche Veränderungen und Entwicklungen begleitet. Inzwischen wachsen Generationen von Kindern selbstverständlich mit digitalen Medien auf. Braucht man zukünftig noch kreative Angebote mit Pinsel und Papier?
Auch in der Malschule bieten wir unterschiedliche digitale Angebote an. Doch Leinwand, Pinsel und Papier werden in unserer Arbeit sicherlich immer zentral bleiben - natürlich aber ergänzt durch digitale Medien. Auch sie sind Werkzeuge. Auch Künstler arbeiten heute ja sowohl digital als auch analog. Und auch hierbei geht es eher um die Haltung als um die Technik an sich.