Provenienzforschung: auf Spurensuche

Katharina Rüppell untersucht eine Bildrückseite

Provenienzforschung: auf Spurensuche

Um mehr über die Besitz- und Ausstellungsgeschichte eines Kunstwerks in Erfahrung bringen zu können, benötigen Provenienzforscher*innen konkrete Anhaltspunkte. Eine Möglichkeit, solche Anhaltspunkte zu finden, ist die sogenannte Objektuntersuchung. Von Katharina Rüppell 

Kunstwerke unter der Lupe

Bei der Objektuntersuchung schaue ich mir das Kunstwerk ganz genau an. Bei Gemälden ist für mich als Provenienzforscherin nicht so sehr die bemalte Vorderseite von Interesse, sondern vielmehr die Rückseite des Bildes und der Rahmen. Manchmal finden sich dort Stempel, Beschriftungen, Etiketten oder Siegel, die Hinweise auf frühere Besitzer, Auktionen oder Ausstellungen geben, bei denen das Gemälde gezeigt wurde.

Teamarbeit: Freilegen, Untersuchen, Dokumentieren

Zu Beginn meiner Arbeit an der Kunsthalle Emden galt es also zunächst, die Rückseiten aller Gemälde, deren Provenienz ich genauer erforschen werde, zu untersuchen und zu dokumentieren. Viele Gemälde sind mit einem Rückseitenschutz versehen und auch der Rahmen überdeckt meist kleinere Abschnitte des Bildträgers aus Leinwand, Karton oder Holz. Damit ich das ganze Gemälde sehen und alle Informationen finden konnte, hat die Restauratorin der Kunsthalle, Lena Waldmann, die Gemälde ausgerahmt. Der Fotograf Martinus Ekkenga hielt die Rückseiten in hochauflösender Qualität bildlich fest. Darüber hinaus habe ich Detailfotografien von den Provenienzmerkmalen gemacht und manche Beschriftungen wortwörtlich unter die Lupe genommen, um sie besser entziffern zu können.

Was ist auf den Rückseiten zu sehen?

Manchmal gar nichts: zum Beispiel, wenn sich ein Gemälde in seiner Geschichte durchgängig bei einem einzigen Besitzer befanden, der es nicht für notwendig erachtete, einen Sammlungsstempel aufzubringen und es nie zu Ausstellungen verlieh.

Picabia, Aux Bords de la Creuse - Rückseite, doubliert

Manchmal sind keine Informationen ablesbar, weil Bilder doubliert sind: Vor allem in früheren Zeiten wurde, als Restaurierungsmaßnahme zur Verringerung bereits vorhandener Schäden oder prophylaktisch, die Leinwand unter Anwendung von Druck und Wärme mit einem Stützgewebe hinterklebt. Die Originalleinwand des Bildes wurde dadurch vollständig überdeckt. Wenn ein solches Bild allerdings noch seinen Originalrahmen besitzt, wie zum Beispiel das Gemälde Aux Bords de la Creuse/Soleil d‘ Automne (1909) des französischen Malers Francis Picabia, können sich darauf noch wertvolle Provenienzmerkmale erhalten haben.

Die Rückseite des Kokoschka-Gemäldes 'Im Garten I'

Im besten Fall finden sich sowohl auf der Leinwand als auch auf dem Rahmen zahlreiche Hinweise auf die Besitz- und Ausstellungsgeschichte eines Gemäldes wie z.B. bei Oskar Kokoschka’s Im Garten I (1934).  

Wie helfen mir diese Informationen bei der Provenienzforschung?

Wenn ich zum Beispiel durch ein Ausstellungsetikett weiß, wo das Gemälde gezeigt wurde, kann ich im entsprechenden Ausstellungskatalog nachschlagen, welcher Leihgeber das Bild zur Verfügung gestellt hat, und damit den Besitzer zu diesem Zeitpunkt ermitteln. Falls kein Katalog publiziert wurde oder er keine Angaben zum Leihgeber enthält, kontaktiere ich das Museum, in dem die Ausstellung stattfand, für nähere Informationen.

Zollstempel hingegen sagen mir, dass - und im Idealfall auch wann - das Bild eine Grenze überquert hat.

Unbekannte Stempel oder Etiketten gleiche ich mit Einträgen in Datenbanken zu Provenienzmerkmalen ab (z.B. in diesem Provenienz-Wiki) und hoffe auf einen Treffer, der mich dem Ziel, die Geschichte des Gemäldes zu rekonstruieren, näherbringt.

Der Internationale Tag der Provenienzforschung am 14. April

Am 14. April 2021 findet zum dritten Mal der Internationale Tag der Provenienzforschung statt. Etwa 80 Kultureinrichtungen in Deutschland, Großbritannien, Österreich, der Schweiz und den USA haben ihre Teilnahme angemeldet (Stand: 6. April 2021).Informationen zu sämtlichen Aktionen am Tag der Provenienzforschung finden sich auf der Webseite des Arbeitskreises Provenienzforschung e.V.. Der Aktionstag findet in jedem Jahr am zweiten Mittwoch im April statt.

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