Kunstwerk des Monats: David Nash, "Multi-Cut Column", 1999

Elke Haan stellt als Kunstwerk des Monats diesmal die Holzskulptur "Multi-Cut Column" des Künstlers David Nash aus dem Jahr 1999 vor. Das Werk ist eine Schenkung der Gerhard ten Doornkaat Koolmann-Stiftung 2008.

Der englische Bildhauer und Landart-Künstler David Nash (geb. 1947 in Esher/Surrey) arbeitet nahezu ausschließlich mit dem natürlichen Werkstoff Holz. Niemals jedoch lässt er Bäume fällen, sondern sucht nur von Stürmen umgeknickte oder notwendigerweise gefällte Bäume aus. Aus dem gewachsenen Holz arbeitet er Naturformen - Ei, Spiralen, Samenkorn - und geometrische Grundformen wie Kugeln, Pyramiden und Kuben heraus.

„Multi-Cut Column“ entstand 1999 aus einer frischen Ulme, einer Baumart, die ausschließlich auf der Nordhalbkugel wächst und von einem Pilz nahezu an den Rand des Aussterbens gebracht wurde. Ulmenholz ist aufgrund seiner Maserung aus dunklem Kernholz und breitem, hellen Splintholz ein Edelholz, was sich zudem leicht bearbeiten lässt, beim Trocknen jedoch zum Reißen neigt und nicht witterungsbeständig ist. Diese besonderen Eigenschaften und die Wuchsform des Ausgangsmaterials hat Nash in sein Werk mit einbezogen.

Die mit 2,65 Metern über das menschliche Maß hinausragende Holzskulptur zeigt noch ihre natürlich gewachsene, organische, nicht ganz gerade gewachsene Stammform, die ihre Schwere und Wuchtigkeit durch die Bearbeitung mit der Kettensäge verloren hat: aus einer Säule schnitt Nash konkave, trapezförmige Flächen, die sich diagonal in die Höhe schrauben. Die Flächen wiederum sind durch zahlreich vertikale und horizontale tiefe Einschnitte wie eine Ziehharmonika aufgefächert. Diese Einschnitte sind dem Lauf der Zeit unterworfen, da das Holz „arbeitet“, lebendig ist, die Spalten sich mit Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen verändern. Da es für Museen jedoch unabdingbar ist, in den Ausstellungsräumen für konstante Temperatur- und Feuchtigkeitswerte zu sorgen, auch bei dieser Holzskulptur, verzögert bzw. verlangsamt sich der hier gewollte Prozess der Veränderung.

Anders ist dies bei den Naturinstallationen und den Land-Art Projekten David Nash: Diese entstehen bzw. befinden sich in Nord-Wales, wo Nash seit 1967 in der Kleinstadt Blaenau Ffestiniog inmitten des Snowdonia-Nationalparks lebt. 1968 kaufte er die Steinkappelle Chapel Rhiw, die er seitdem als Wohnhaus und Atelier nutzt. In der ländlichen Umgebung ist der Dialog von Künstler, Kunst und Natur sehr eng: eines seiner berühmtesten Bauminstallation ist der „Ash Dom“: 1977 pflanzte er 22 junge Eschen an einem geheimen Ort in Wales. Er setzte sie in einen Kreis, in der Absicht, einen Kuppelraum heranwachsen zu lassen. Er leitet über Jahre das Wachstum der Eschen, bringt sie in ein Verhältnis zueinander, schafft einen lebendigen, wachsenden Raum zwischen ihnen.

Bezeichnend für Nash ist sein tief empfundenes Gefühl des Einsseins mit der Natur: „Ich will ein Leben und ein Werk, in dem sich die Ausgeglichenheit und Dauerhaftigkeit der Natur zeigt. Durch die Identifikation mit dem Zeitcharakter und der Energie des Baumes, und mit seiner Sterblichkeit. Ich fühle mich immer weiter in die Freuden und Nöte der Natur hineingezogen (…); ein schlummernder Glaube der durch einen neuen Spross aus altem Holz wieder ins Leben gerufen wird.“ (1)

Diese Haltung, diese Rückbesinnung auf eine lebendige, spirituelle Verbindung zwischen Mensch und Natur, insbesondere Bäumen, führt zurück in die nordischen Mythologie: Kelten, Sachsen und Germanen verehrten Bäume als Naturheiligtümer, nutzten sie als Richt- und Versammlungsstätte. Heute wird „Das geheime Wesen der Bäume“ wiederentdeckt. (2)

 

1) David Nash. Ausstellungskatalog Kunsthalle Emden 2008, Altana Kulturstiftung Bad Homburg 2008, Kunsthalle Mannheim 2009, Bad Homburg: Edition Scheffel2008, S.28

2) Zit. nach Peter Wohlleben: Das geheime Leben der Bäume, München 2015

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