Kunstwerk des Monats: Christian Rohlfs, "Goldenes Abendlicht am Lago Maggiore", 1936

Kunstwerk des Monats ist das "Goldene Abendlicht am Lago Maggiore, 1936, Wassertempera und Aquarell auf Bütten. Elke Haan stellt Ihnen diesen Klassiker unserer Sammlung vor:

Die mit Wassertempera und Aquarell gemalte Papierarbeit von Christian Rohlfs beeindruckt durch ihre lichtdurchflutete und warme Farbigkeit: Die Komposition im klassischen Hochformat besteht aus nur zwei kontrastierenden Farben, die sich gegenseitig in ihrer Wirkung steigern: ein intensives, sattes Ultramarinblau und ein warmes leichtes Cadmiumorange. Das Landschaftsbild ist auf wenige Elemente reduziert. Ein hoher Himmel, in goldenes Abendlicht getaucht, spiegelt sich in der von kleinen Wellen bewegten Seeoberfläche, geteilt durch einen mächtigen, breiten und bereits im Schatten liegenden Bergrücken auf der gegenüberliegenden Seeseite. Seine Massivität verleiht der Komposition Halt und Struktur.

Raum und Perspektive werden allein geschaffen durch die Lichtwerte der Farbe und Rohlfs‘ Malweise. Den Himmel malt er mit fast trockener Farbe, in breiten Strichen und lasierend übereinandergelegt. Wo das Papier nicht mit Farbe bedeckt ist, schimmert der helle Papiergrund durch. Der See ist mit breiten, quer liegenden Strichen in feuchter Farbe, die ineinanderfließen, angelegt. Wenige ultramarinblaue Pinselstriche spiegeln den Bergrücken und die leichte Bewegung der Wellen, lineare Begrenzungen sind aufgehoben. Rohlfs beschränkt sich in diesem späten Werk in einer scheinbaren Leichtigkeit der Malweise auf das absolut Wesentliche: Auf Licht und Farbe. So gelten seine späten Bilder ab 1927 als „Visionen, Erscheinungen von Licht in differenziertesten Farbvibrationen und Intensitäten. Dieses Licht liegt nicht auf den Dingen, sondern schimmert und strahlt aus ihrem Innern hervor.“1)

Rohlfs, wie sein Malerkollege Emil Nolde in Schleswig-Holstein geboren, studierte in Weimar, Dresden und Berlin, und ging 1901 auf Einladung von Karl Ernst Osthaus nach Hagen, wo er im Museum Folkwang fortan ein Atelier hatte. Eine schwere Lungenentzündung im Winter 1926 veranlasste ihn auf Anraten seines Arztes, in ein wärmeres und trockeneres Klima zu ziehen. Bis zum Lebensende 1938 verbrachte Rohlfs neun Monate jeden Jahres in Ascona, einem Fischerdorf am Lago Maggiore im sonnigen Tessin. Hier, auf der direkt am See gelegenen Terrasse seiner Wohnstätte, der Casa Margot, entstanden viele seiner Spätwerke. Durch das südliche Licht angeregt, ähnlich wie der holländische Maler van Gogh durch das Licht der Provence, entdeckte er die optische Wirkung des Lichts und dessen Einfluss auf die Farbe.

1937, einem Jahr vor seinem Tod, werden seine Bilder als „entartet“ verfemt, und mehr als 400 Werke aus deutschen Museen beschlagnahmt. Zugleich wird er aus der Preußischen Akademie der Künste in Berlin, wo er seit 1924 Mitglied war, ausgeschlossen.

Rohlfs, dessen Frühwerk als impressionistisch eingestuft werden kann, ist ab etwa 1910 einer der wichtigsten Maler des Expressionismus.

Sein „Goldenes Abendlicht am Lago Maggiore“ wurde 1980 von Henri Nannen im Kunsthandel erworben und gehört seit 1986 der Stiftung der Kunsthalle und zu den Highlights der Sammlung der Klassischen Moderne.

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1) Achim Sommer,(Hg.),  Das Licht in den Dingen. Späte Temperabilder, Ausstellungskatalog Kunsthalle Emden / Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster 1999/2000, S. 7

 

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