Geschichte am Weg: 'Hinter dem Rahmen' war einst die Adresse der Gestapo

Eske Nannen und OB Tim Kruithoff enthüllen eine Informationstafel

Geschichte am Weg: 'Hinter dem Rahmen' war einst die Adresse der Gestapo

Hinweistafel zur Geschichte des Grundstücks als Gestapo-Quartier

Am 5. Oktober 2021 enthüllten Eske Nannen und der Emder Oberbürgermeister Tim Kruithoff eine Tafel der Reihe "Geschichte auf dem Weg". Diese Tafel informiert über die Geschichte des Hausgrundstücks Hinter dem Rahmen 13 und insbesondere die Zeit, als das damalige Gebäude von der Gestapo genutzt wurde. Hier der vollständige Text:

Die einst auf dem Grundstück Hinter dem Rahmen 13 stehende Villa wurde 1905 von dem Eisenwarenhändler und Senator Temme Dreesmann Penning erbaut. 1937 waren im Adressbuch der Stadt Emden der Geschäftsführer Hans Heinrich und Johannes Bernert, ein Hauptmann der Schutzpolizei, als Bewohner eingetragen. Doch anhand des Eintrags im Grundbuch wird die wahre Nutzung des Gebäudes als Quartier der Gestapo erkennbar: „Eigentümer: Das Deutsche Reich, vertreten durch den Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern.“ Die Angabe „Reichsführer SS“ lässt darauf schließen, dass die Inbesitznahme des Grundstücks Hinter dem Rahmen 13 durch die Gestapo Ende 1936 oder zu Beginn des Jahres 1937 stattgefunden haben muss.

Ab 1934 hatte die Geheime Staatspolizei (Gestapo) die polizeiliche Verfolgung von Gegnern des nationalsozialistischen Regimes übernommen. Per Erlass ernannte Adolf Hitler am 17.6.1936 Heinrich Himmler zum Chef der deutschen Polizei und integrierte somit den Polizeiapparat einschließlich der Gestapo in die SS. Danach erfolgte die Gliederung in Gestapo-Leitstellen sowie Stapo-Haupt- und Nebenstellen. Emden bildete eine Nebenstelle der Hauptstelle in Wilhelmshaven, wurde aber im April 1943 zur Außenstelle der Wilhelmshavener Gestapo.

Festgenommene Personen wurden durch eine Garage in das Gebäude der Gestapo geführt, wo die von Folterungen begleiteten Verhöre stattfanden. Am 6.9.1944 erhielt das Gestapo-Gebäude einen Bombentreffer und wurde schwer beschädigt. Geplant war, den Sitz der Gestapo in einen Behelfsbau am Außenhafen zu verlegen, wo bereits die Hafenpolizei untergebracht war. Kurz vor der Befreiung Emdens am 5.5.1945 durch kanadische Soldaten beging der Leiter der Emder Gestapo-Außenstelle, Kriminalrat Willy Struwe, in der Ruine des Gebäudes Hinter dem Rahmen Selbstmord. Die 16 übrigen Beamten der Gestapo waren bereits vorher geflüchtet.

Das Grundstück wurde als Reichsbesitz von der britischen Besatzungsmacht gesperrt und ab 1946 vom Land Niedersachsen treuhänderisch verwaltet. 1948 wurden in der Ruine Behelfswohnungen eingerichtet und im Frühjahr 1950 pachtete der Gärtner Bernhard Wibben das Grundstück mit den Wohnungen, die er untervermieten durfte. Die Ruine wurde Mitte der 1950er Jahre abgerissen und das Areal blieb über Jahrzehnte unbebaut. Am 6.9.1984 erfolgte die Grundsteinlegung für die von dem ehemaligen Herausgeber der Zeitschrift „Stern“ und Kunstmäzen Henri Nannen und seiner späteren Ehefrau Eske auf dem Grundstück initiierten „Kunsthalle Emden“.

Autor: Dr. Rolf Uphoff, Leiter des Emder Stadtarchivs, unter Mitwirkung von Aiko Schmidt M.A., Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Ostfriesischen Landesmuseums Emden

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