Kunstwerk des Monats: Eric Fischl, "Untitled (Green Swimmer"), 1983

Elke Haan stellt das Kunstwerk des Monats vor: Untitled (Green Swimmer), 1983, von Eric Fischl (1948 New York). Die Freunde der Kunsthalle haben es dem Haus im Jahr 2009 geschenkt.

Wie eine schnell hingeworfene Studie wirkt der Männerakt von Eric Fischl aus dem Jahr 1983: In grünem Wasser treibt auf dem Rücken ein muskulöser, gut gebauter Mann, den Kopf nach hinten gelegt, der rechte Arm und die Beine angewinkelt und entspannt vom Wasser getragen. Seine linke Hand berührt sein deutlich erkennbares Geschlecht. Offensichtlich ist der Mann im Begriff, sich vollkommen gelassen selbst zu befriedigen. Ein Augenblick von großer Intimität und Entrücktheit der Person, in die der Maler sein Publikum einbindet. Gleichsam zum Voyeur werdend löst es zweideutige, irritierende Reaktionen aus, Befremden, Scham, Empörung oder aber auch Vergnügen, Belustigung, Erregung.

Fischls den Malprozess sichtbar machender Stil ist kraftvoll und zugleich locker. Stark verdünnt, fast wässrig ist die kühl-grüne Ölfarbe mit einem breiten Flachpinsel und deutlich sichtbaren Borstenspuren in waagerechten Verläufen aufgetragen. In die noch feuchte grüne Farbe hat er die Figur mit schwarzer Farbe und dünnem Flachpinsel rasch und mit wenigen Pinselstrichen eingearbeitet. Körperhaftigkeit erhält der Schwimmer durch hell-weißliche Erhöhungen an Brust, Kehle, Schultern und linkem Knie. Als Malgrund dient ein Formularblatt aus Papier, am linken Rand mit drei Lochungen vorgestanzt und eigentlich vorgesehen für die Ablage in Aktenordnern.

1948 in New York geboren, studierte Fischl von 1967 bis 1972 Kunst in Phoenix/Arizona und in Valencia/Kalifornien. 1974 wird er Dozent am Nova Scotia College of Art and Design in Halifax im Südosten Kanadas. 1978 kehrt er nach New York zurück, wo er im Kunstboom der 1980er Jahre schnell berühmt und bekannt wird mit irritierenden, sexuell aufgeladenen Szenen aus dem gehobenen Mittelstand der USA – spärlich bekleidete oder nackte Menschen am Pool, am Strand, in Schlafzimmern. Seine Karriere beginnt 1979 mit dem Aufsehen erregenden Gemälde Sleepwalker, das einen in einen Pool onanierenden Halbwüchsigen zeigt. 1981 entsteht das großformatige Bild Bad Boy, das zu seinen berühmtesten Gemälden gehört und in dem er ebenfalls das Tabuthema Sexualität in den von Prüderie und Doppelmoral geprägten USA der achtziger Jahre thematisiert.

Entgegen der die US-amerikanischen Nachkriegszeit beherrschenden abstrakten, kühl-rationalen Kunst wie Minimal Art und Concept Art plädierte Fischl für die Rückkehr zu einer figurativ-erzählerischen, sinnlichen Malerei. Er will nach eigener Aussage, dass „die Gefühle von Verwirrung und Befangenheit, die man angesichts tief gehender, emotionaler Ereignisse in seinem Leben spürt, im Mittelpunkt meine Arbeit stehen. Diese Erfahrungen, wie z. B. der Tod oder das Verlassenwerden oder Sexualität, sind in einer Gesellschaft, die so heftig versucht, die Bedeutung dieser Dinge zu ignorieren (..) nicht zulässig.“*

Solches Thematisieren von existentiellen Erfahrungen des Menschen und seiner Vereinzelung in einer vom Überfluss geprägten Konsumgesellschaft, stellt Fischl in die Tradition des wichtigsten Vertreters des amerikanischen Realismus Edward Hoppers (1882-1967). Jedoch beinhaltet Eric Fischls Kunst darüber hinaus auch das Moment der Lebenslust, des sinnlichen Vergnügens, des ungehemmten Auslebens der Individualität. Das macht ihn zugleich verwandt mit den ebenfalls Anfang der 80er Jahre sich in Deutschland etablierenden neo-expressionisten Kunst der Neuen Wilden.

Eric Fischl ist in allen großen Museen der USA und Europas vertreten. Untitled (Green Swimmer) wurde 2009 von den Freunden der Kunsthalle erworben und der Stiftung zum Geschenk gemacht.

* Edward Lucie-Smith, Amerikanischer Realismus, Leipzig 1994, S. 225

Drücke Enter, um die Suche zu starten