Die letzten Jahre von Die Brücke und Der Blaue Reiter

Die 1905 gegründete Künstlergemeinschaft Brücke löste sich im Jahr 1913 auf. Bereits Ende 1911, mit der kollektiven Umsiedlung nach Berlin, traten erste Spannungen zutage. Unter dem Einfluss internationaler Kunstströmungen verlor der zuvor in Dresden deutlich erkennbare Gruppenstil an Geschlossenheit; individuelle künstlerische Handschriften traten stärker hervor. Auch das persönliche Verhältnis der Mitglieder zueinander kühlte zunehmend ab. Während sich Kirchner und andere von der Dynamik der Metropole inspiriert zeigten, konnte Pechstein dem Großstadtleben wenig abgewinnen.

Zusätzlich kam es zu internen Konflikten. Zwar trat man 1912 noch gemeinsam mit dem Blauen Reiter auf, doch gegenüber Kooperationen mit anderen Künstlergruppen blieb man vielfach reserviert. Pechstein wurde schließlich aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, nachdem er ohne Absprache an einer Ausstellung der von ihm mitbegründeten Neuen Secession teilgenommen hatte. Kirchner erhob zunehmend den Anspruch auf die geistige Führung der Gruppe und begann, seine Kollegen abschätzig zu behandeln. Unter Pseudonym veröffentlichte er Kritiken, in denen er anderen Mitgliedern Plagiate an seinen Werken unterstellte. Um seine Vorrangstellung weiter zu untermauern, datierte er neuere Werke rückwirkend um.

Der endgültige Bruch folgte 1913. Angeregt vom Erfolg des Almanachs Der Blaue Reiter, war eine eigene Publikation geplant, für die Kirchner Texte und Entwürfe beisteuerte. In diesen stellte er sich einseitig als zentralen Impulsgeber dar, was bei den anderen Mitgliedern auf Ablehnung stieß. Der daraufhin eskalierende Konflikt führte zur endgültigen Auflösung der Gruppe. Die ehemaligen Mitglieder arbeiteten fortan weitgehend unabhängig voneinander weiter.

Die Künstlergruppe Der Blaue Reiter, gegründet 1911, bestand ebenfalls nur wenige Jahre. Trotz innerer Spannungen und biografischer Brüche war es vor allem der Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1914-1918, der den losen Zusammenschluss beendete. Die ausländischen Mitglieder mussten Deutschland gezwungenermaßen verlassen. August Macke und Franz Mark wurden ins deutsche Militär eingezogen. Macke starb bereits wenige Wochen nach Kriegsausbruch und 1916 fiel auch Marc.

In den Kriegs- und Exiljahren suchen die Reiter*innen weiter nach neuen Bildsprachen. Diejenigen aus der Kerngruppe, die dem Krieg hatten entkommen können, trafen sich 1924 wieder: Kandinsky, Klee und der Deutsch-Amerikaner Lyonel Feininger (1871-1956), die alle Lehrer am Bauhaus in Weimar geworden waren kamen mit dem ehemaligen Blauen Reiter Alexej von Jawlensky zusammen und gründeten eine neue Gruppe: Die Blauen Vier. 1925 bis 1934 stellten sie gemeinsam aus und trugen die Ideen der Expressionisten in die USA, wo sie zu Pionieren der modernen Kunst werden sollten.

Beide Gruppen hatten nur kurz Bestand. Aber ihre Kunst prägte den deutschen Expressionismus und die internationale Kunst: sei es im Spannungsverhältnis zwischen Figuration und Abstraktion oder in der Rolle von Farben als Gefühls- und Bedeutungsträger. Die revolutionäre Kunst der deutschen Expressionisten wirkt bis heute nach.

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