Das Kunstwerk des Monats ist die Paysage Fauve von André Lhote aus dem Jahr 1909. Elke Haan bringt uns diese Ölgemälde auf Papier mit den Maßen 60 x 81 cm näher:

Alles ist in Bewegung im frühen Gemälde Paysage Fauve des französischen Malers André Lhote. Von einem leicht erhöhten Standpunkt aus schaut der Betrachter auf eine mit zahlreichen Pflanzen bewachsene Senke, die mit einem eher flachen Gebirgszug abschließt. Darüber noch ein schmaler, heller Streifen bewölkten Himmels. Kein Mensch ist zu sehen, keine Spuren menschlichen Daseins. Nur der Betrachter und die „wilde“ Landschaft. In einem komplexen Zusammenspiel aus runden Linienschwüngen, die immer wieder scharf umbrechen, wirkt die Landschaft wie ein lebendiger Organismus, in dem alles aufeinander bezogen ist: Große Blattformen auf einem roten Stiel, wie in der linken Bildhälfte, nicht ganz mittig ein sich nach oben über den Bildrand hinaus schraubender mächtiger Baum, rechts davon ein paar runde, spitz zulaufender Wuchsformen, die sich abheben durch ihr hell-grün umrandetes Violett.

Bildraum, Licht und Schatten ergeben sich auch aus den Helligkeitswerten der Farbe: Helles Orange-Gelb und helle Grüntöne im Vordergrund, sattes Grün in der Mitte und erdigen Töne in der Ferne. Wo mag das Bild das Bild entstanden sein? Es erinnert an eine Landschaft im Süden Frankreichs, an die in den Himmel ragenden Zypressen des Malers Vincent van Goghs in seinen Bildern aus Arles.

André Lhote studierte in seinem Geburtsort Bordeaux an der Ècole des Beaux-Arts zunächst Bildhauerei. 1908 zog er nach Paris und begann unter dem Einfluss seines Freundes Paul Gauguin (1848-1903) in kräftigen „fauvistischen“ Farben zu malen.Inspiriert von Paul Cezanne (1839-1906), dessen Werke in einer großen Retrospektive 1907 im Pariser Salon d`Autonome zu sehen gewesen war, wendet Lhote sich ab etwa 1912 verstärkt der neuen Kunstströmung des Kubismus zu und gründet zusammen mit Marcel Duchamp (1887-1968) und anderen Künstlern die Künstlergruppe Section d´Or. 1925 gründet er eine eigene Malschule in Paris und veröffentlicht zahlreiche Schriften zur Kunst.

Sein frühes Werk, seine „wilde Landschaft “, steht stilistisch „zwischen einer von Gauguin beeinflussten Landschaftsmalerei, die die Atmosphäre der Landschaft zum Ausdruck bringt, und einem von Cézanne ausgehenden Kubismus, in dem sich die aus der Natur abstrahierten Formen zu Form- und Farbharmonien verselbständigen“ 1).

Ob darüber hinaus in diesem Landschaftsbild der metaphysische Geist einer wilden Natur waltet oder ein romantische-beseelter eines Caspar David Friedrichs bleibt der Einfühlung und Interpretation des Betrachters überlassen.

1) Nils Ohlsen, André Lhote. In: Meisterwerke der Sammlung Henri Nannen. Band 1, hrsg. Von Achim Sommer, Emden 2000, S. 78

 

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